Geschichte der Arktisforschung

1868 machte sich der Polarforscher Carl Koldewey als Leiter der ersten deutschen Arktisexpedition mit dem Segelschiff GRÖNLAND auf den Weg an die Ostküste Grönlands. Dort kam er allerdings nie an – er segelte stattdessen nach Spitzbergen.

Bohrungen im Meereis
Über Bohrungen im Meereis können Eisdicken gemessen werden. © Alfred-Wegener-Institut/Stefan Hendricks

Koldeweys ursprüngliches Ziel war es, entweder längs der Ostküste Grönlands so weit wie möglich nach Norden vorzustoßen, oder um Spitzbergen herum das sogenannte Gillis-Land zu erreichen. Die Eisbedingungen verhinderten jedoch die Umsetzung auch nur eines seiner beiden Ziele. Stattdessen fuhr er nach Spitzbergen, wo er mit 81°5' die höchste nördliche Breite erreichte. Mit dieser Pionierfahrt reihte sich Koldewey, nach dem auch die erste dauerhafte deutsche Forschungsstation in Spitzbergen benannt ist, in eine Serie von internationalen Forschungsfahrten ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein.

Sie dienten Polarforscherinnen und -forschern unter anderem dazu, neue Erkenntnisse über meteorologische und geomagnetische Gegebenheiten in der Arktis zu sammeln. Neben weiteren europäischen Ländern wie England oder Österreich-Ungarn beteiligten sich auch die USA an Arktisexpeditionen.

Erkenntnisgewinn über die Polarregionen

Der Initiator der ersten deutschen Arktisexpedition, der Geograf August Petermann, wollte mit der Fahrt im Jahr 1868 seine Theorie bestätigen, dass das Nordpolarmeer vollkommen eisfrei und somit befahrbar sei. Obwohl die Forscher ihr ursprüngliches Ziel – die Ostküste Grönlands – nicht erreichten, sammelten sie auf dieser Expedition Daten über Strömungsgeschwindigkeiten, Temperatur- und Höhenwerte aus der Tiefsee und den Magnetismus, die in der zweiten deutschen Arktisexpedition im Jahr darauf vertieft wurden. Denn 1869 erreichte die Crew um Petermann tatsächlich die östliche Küste Grönlands und überwinterte dort.

Diese beiden Arktisexpeditionen waren in Deutschland der Startschuss für viele weitere Fahrten in die Polargebiete – auch in die Antarktis. Mit jeder Reise gewannen die Forscherinnen und Forscher neue Erkenntnisse über die Eisbedeckung in der Arktis, ihre lokalen Lebensgemeinschaften, die arktische Flora und Fauna, das Rohstoffvorkommen und die Bedeutung der Arktis für unser Klima – was auch dazu beitrug, dass die Exkursionen sicherer wurden.

Wer war zuerst am Nordpol?

Im Jahr 1906 schließlich schaffte es der Norweger Roald Amundsen als Erster, mit seinem Schiff GJØA die Nordwestpassage zu durchqueren. Auf dieser Expedition sammelte er Informationen über den Magnetismus der Erde, die Überlebensstrategien indigener Völkergruppen und studierte ihre Sprache, Kultur und Jagdgewohnheiten. Zusätzlich ermittelte er die genaue Lage des magnetischen Nordpols.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts startete dann der sogenannte Wettlauf zum Nordpol. Sowohl der Amerikaner Frederick Cook als auch sein Landsmann Robert Peary waren überzeugt, jeweils zuerst (Cook am 21. April 1908, Peary am 6. April 1909) am nördlichsten Punkt der Arktis gewesen zu sein. Die Geschichten beider Polarforscher enthielten jedoch einige Unstimmigkeiten, die bis heute daran zweifeln lassen. So begleiteten zwei Inuit Cook auf seiner Reise, die später verschiedene Reiseberichte abgaben. Und in Pearys Aufzeichnungen tauchten zweifelhafte Angaben darüber auf, wie viele Kilometer seine Crew am Tag bewältigte: Waren es in der ersten Zeit rund 20 Kilometer täglich, steigerte sich diese Zahl auf 250 Kilometer in vier Tagen. Zahlen, die damalige Forscherinnen und Forscher bereits für unwahrscheinlich hielten. Unumstritten ist die Tatsache, dass der Brite Walter William Herbert im Jahr 1969 den Nordpol auf dem Landweg erreichte – also erst 60 Jahre später.

Fortschritte durch Forschungsschiffe

Polarstern im Eis
© Alfred-Wegener-Institut/Folke Mehrtens

Während die Forscherinnen und Forscher bis zum Ende des 20. Jahrhunderts noch größtenteils Hundeschlitten einsetzten, nutzen sie heute öfter große Forschungsschiffe und Eisbrecher. Mit ihnen werden Gebiete der Arktis schneller durchquert und Daten über das Klima, die Eisbedeckung und die Lebewesen gesammelt. Seit 1982 setzen deutsche Polarforschungs­institute unter anderem das größte deutsche Forschungsschiff POLARSTERN auf Expeditionen und zur Versorgung der Forschungsstationen in Arktis und Antarktis ein.

Mehr als 100 Fahrten ins Eis hat das Forschungsschiff des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) bereits hinter sich. Diese Expeditionen tätigt es an 320 Tagen, an denen es im Schnitt pro Jahr auf dem Wasser unterwegs ist.